Tierfriedhof Kerpen

Grausiges Ende unserer Lieblinge


Meistens verschweigen Veterinäre den Besitzern die grausame Wahrheit

Haustiere zu Futter und Leim verarbeitet


- von Rene Weihrauch

"Blacky" war der Liebling der Familie Faßbender aus Bonn. Zwölf Jahre gehörte die fröhliche Promenadenmischung aus Dackel und Cockerspaniel zur Familie. Die Kinder Andreas (12), Jennifer (8) und Angelina (4) liebten das Tier heiß und innig. Doch dann bekam ihr "Blacky" Krebs, musste eingeschläfert werden. Die ganze Familie war traurig.
Nach seinem Tod sollte der Hund verbrannt werden - hatte der Tierarzt versprochen. Aber nur, um Gaby Fassbender (30), ihren Mann Ingo (37) und die Kinder zu beruhigen.

Denn in Wirklichkeit leitet er (wie fast alle Tierärzte in Deutschland) gestorbene Haustiere an eine "Tierkörperbeseitigungsanlage" (TBA) weiter. Das schreibt ein Gesetz vor. Was die meisten Besitzer nicht ahnen: In diesem TBAs werden die Lieblinge wie Müll entsorgt, werden zusammen mit Schlachtabfällen zerhackt, gekocht, getrocknet - "ein 100prozentiges Recycling", wie Gustav Denzin, Betreiber der TBA in Viersen dem Sonntag-Express erklärt.
Eine Erklärung, die er den Tierbesitzern schuldig bleibt. Wenn jemand bei ihm anruft, um sich zu erkundigen, auf welche Weise sein totes Haustier "entsorgt" wird, ist Denzin in der Zwickmühle:
"Die Wahrheit kann man jemanden, der jahrelang mit einem Tier zusammengelebt hat, im Grunde gar nicht erzählen."
Denn so sieht die Wahrheit aus: TBA-Mitarbeiter holen mit einem müllwagen-ähnlichen Fahrzeug Abfälle aus Schlachterein, überfahrenes Wild und tote Haustiere von den Tierärzten ab. In Bonn gibt es sogar eine Sammelstelle mit zwei Containern bei der Müllabfuhr, wo Tierbesitzer ihre toten Haustiere abgeben können.

In der Viersener Anlage geht die übel riechende Ladung (die Schlachtabfälle machen 90 Prozent aus) durch eine Zerreißmaschine, wird in Stücke von fünf Millimetern geschreddert. Dann wandert die breiige Masse, in der sich die überreste der einst so geliebten Hunde und Katzen befinden, in einen Sterilisator. Ein 5.000 Liter Behälter, der mit Dampf auf 133 Grad erhitzt wird. Nach 20 Minuten sind alle Bakterien abgetötet. Die sterilisierte Masse besteht zu 70 Prozent aus Wasser, das anschließend verdampft wird. Das noch enthaltene Fett (etwa 30 Prozent) wird mit einer Presse herausgequetscht, dient der Lackindustrie als Bindemittel. Der Rest wird als Tiermehl für 32 Mark pro 100 Kilo verkauft.

Diese Verfahrensweise ist in Deutschland vom Tierkörperbeseitigungsgesetz vorgeschrieben. Als Ausnahme ist nur erlaubt, kleinere Tiere im eigenen Garten zu vergraben (wenn das Grundwasser nicht gefährdet wird) oder einer der 20 Tierfriedhöfe in Deutschland zu nutzen. Das finden viele Besitzer dann aber doch übertrieben. In anderen Ländern, zum Beispiel Holland, gibt es dagegen Tierkrematorien, wo Haustiere verbrannt werden. Der Tierarzt Dr. Wilhelm Rößler (44) aus Schwedelbach bei Kaiserslautern versucht, auch in Deutschland solch ein Krematorium einzurichten. Rößler: "Aber die Stadt Kaiserslautern erteilt keine Genehmigung." Ein Kölner Tierarzt zum Sonntag-EXPRESS: "Viele Kollegen sehen die Lösung mit den TBAs kritisch, wollen eine änderung." Dagegen Dr. Hans Joachim Bienek, Präsident der Tierärztekammer Nordrhein: "Das Gesetz gewährleistet den nötigen Hygienestandard, damit Gefahren für andere Tiere oder das Grundwasser ausgeschlossen werden."


Express Köln, 22.10.1995